Die nächsten Tage über lernten wir eine bittere Lektion über Neuseeland: Wenn die Wettervorhersage behauptet, dass es ununterbrochen regnet, dann kann es sein, dass es ununterbrochen regnet.
Unser nächstes Ziel war der Fox Glacier, der in einer sicherlich beeindruckenden Bergkulisse zu finden ist, falls sich die Berggipfel nicht gerade hinter dicken Regenwolken verstecken.
Auf der Strecke dorthin unternahmen wir noch eine kurze Regen-Wanderung zu den Tatare Tunnels. Die Tunnel wurden ehemals als Wasserleitungen angelegt, wobei das Wasser zum Auswaschen von Gold aus den Uferböschung des Waiho Rivers verwendet wurde. Durch den zugänglichen ersten Tunnel fließt auch heute noch ein seichter Bach, sodass wir zwar kurze Zeit vor dem Regen geschützt waren, aber am Ende auch noch nasse Füße und Wanderstiefel zu beklagen hatten.
Der Fox Glacier
Die Ortschaft Fox Glacier besteht praktisch nur aus einem Restaurant, einem Café, einem winzigen und teuren Supermarkt und unzähligen Übernachtungsmöglichkeiten für Touristen. Ach ja, und diversen Unternehmen, die Helikopterflüge auf den Gletscher anbieten. Es erscheint uns persönlich ein bisschen abstrus, allen Besuchern zu erklären, wie schnell und wie weit der Gletscher wegen des Klimawandels bereits abgeschmolzen ist, und dann alle fünf Minuten mit dem Helikopter auf dem Eisfeld zu landen. Aber gut, alleine keine Helikopterflüge mehr anzubieten, würde das Verschwinden des Gletschers leider auch nicht mehr aufhalten.
Die erste Nacht verbrachten wir auf einem Holiday Park, unglücklicherweise auf einem mit einer Küche ohne Küchenutensilien. Wir schleppten also unsere eigene Ausrüstung mehrmals durch den Regen zur Küche und zurück, wobei sich Simon auch noch schwungvoll vor dem Auto in den Matsch warf (unabsichtlich). Anschließend versuchten wir erfolglos, nasse Sachen in einem nassen Auto zu trocknen und verbrachten eine ungemütlich kalte Nacht auf unserer Luftmatraze. Am nächsten Morgen hatten wir genug.
Simon hatte sowieso noch ganz viel Arbeitszeit nachzuholen, also mieteten wir uns für die nächsten drei Nächte spontan in einem Hostel um die Ecke ein und warteten geduldig darauf, dass der Regen nachlassen und die Berge wieder zum Vorschein kommen würden. Leider wurde das Wetter erstmal nicht besser. Die Luft war so nass, dass unsere Wanderstiefel trotz des kleinen Heizkörpers in unserem Zimmer einfach nicht trocken werden wollten. Immerhin war das Hostel ziemlich toll, mit einer großen Küche, sauberen Zimmern, drei regennassen Kaninchen auf dem Parkplatz und einem relativ alten, aber trotzdem fantastischen kleinen Whirlpool im Garten.
Am ersten Abend haben wir es dann auch noch geschafft uns auszusperren. Wir hatten uns in der Küche mit zwei Informatikstudierenden unterhalten, die gerade ein Auslandssemester in Australien absolviert hatten. Als wir schließlich gegen halb 12 Uhr nachts auf unser Zimmer wollten und feststellen mussten, dass der einzige Schlüssel im Zimmer lag, wurde es für Simon Zeit, seine Schlossknacker-Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Wenn auf der dunklen Veranda eine Person mit dem großen Küchenmesser in der Hand an dir vorbei läuft, ist es immer beruhigend zu wissen, dass es sich um den eigenen Freund handelt und nicht um den Irren aus Psycho. Das Küchenmesser war nur leider kein guter Ersatz für Simons Dietrich-Set, das in Deutschland liegen geblieben ist.
Glücklicherweise ließ sich aber relativ unkompliziert ein Ersatzschlüssel auftreiben: Die ältere Dame im weißen Morgenmantel, die auf meinen Anruf hin erschien, war zwar alles andere als amüsiert, händigte mir den Schlüssel aber kommentarlos aus. Als ich damit zu unserem Zimmer kam, war Simon noch immer damit beschäftigt, das Schloss zu knacken, und hatte in der Zwischenzeit moralische Unterstützung von einer der beiden Informatikstudierenden bekommen. Sie konnte ihm zwar nicht direkt helfen, wäre aber sicher dazu in der Lage gewesen - „If only I had my lock picking set…“ Warum denken diese Informatiker auch nie daran, ihre Einbruchswerkzeuge mit in den Urlaub zu nehmen?
Als der Regen nach Ablauf der vier Tage tatsächlich wieder nachließ, hatte Simon einige Arbeitszeit aufgeholt und ich nicht viel anderes getan, als die größte aktive Landslide Neuseelands zu entdecken. Wenn es stark regnet bewegt sich die Geröllmasse anscheinend um bis zu 70 cm pro Tag vorwärts.
An unserem Abreisetag machten wir uns bei bewölktem Himmel auf den Weg, um schlussendlich den Gletscher zu bewundern und stellten fest, dass er aus der Ferne tatsächlich ziemlich unspektakulär ist. Auf dem Weg dahin kann man allerdings einen kleinen Umweg laufen und folgt dann einem schmalen Pfad durch den bemoosten, nassen und im schwachen Sonnenlicht glitzernden neuseeländischen Regenwald. Das war wunderschön, ganz besonders nach den vergangenen grauen Tagen.



Auch der Lake Matheson in der Nähe, der eigentlich für die Reflektion der Berge im spiegelglatten Wasser berühmt ist, war an diesem windigen Tag nicht gerade reflektierend. Wir zogen folgende ernüchternde Bilanz: Das Beste an unserem Ausflug zum Fox Glacier war der kleine alte Whirlpool.