(Kanada, Ontario, Ende Juli 2022)
Nachdem wir Quebec gesehen hatten, startete unsere eigentliche Reise gen Westen. Nächstes Ziel: Toronto. Auf dem Weg dorthin entwickelte Simon eine ausgewachsene Erkältung. Nach zwei Nächten Ruhe ging es ihm aber soweit wieder ganz gut, gerade rechtzeitig zu unserer Ankunft in Toronto. Wir hatten uns dort erneut in ein Studentenzimmer eingemietet, dieses Mal zufällig in eines mit einer sehr schönen Fensterfront und Blick über die Stadt. In dem leeren Raum standen außer einem kleinen Schreibtisch nur noch zwei eher klapprig aussehende Einzelbetten. Bei unserer Ankunft hab ich mir eines ausgesucht, mich hineingeworfen und bin die nächsten zweieinhalb Tage praktisch nicht mehr davon aufgestanden. Da Simon auch noch nicht ganz gesund war, haben wir im Endeffekt nicht wirklich viel anderes von Toronto gesehen, als dieses glücklicherweise nicht ganz so triste Studentenzimmer.
Niagara Falls
Als wir nach drei Tagen Toronto wieder verlassen mussten, ging es mir besser und auch Simon hatte sich wieder vollständig erholt. Etwas enttäuscht, aber immerhin wieder gesund machten wir uns also auf den Weiterweg zu den Niagara Falls. Falls jemand eine romantische Vorstellung hegt, von wilden und unberührten Wassermassen, die dort in in die Tiefe stürzen, dann erwartet ihn in der kleinen Ortschaft Niagara Falls eine herbe Ernüchterung. Der breite Wasserfall ist natürlich ungemein beeindruckend. Aber - der Ort Niagara Falls scheint praktisch nur deshalb zu existieren, um das meiste an Tourismusgeldern aus diesem Naturwunder herauszuholen. Bevor man die Wasserfälle erreicht, muss man erst einmal durch den großen Freizeitpark laufen, der davor für die Touristen aus dem Boden gestampft wurde. Dann kommt eine lange Promenade von der aus man die Niagara Falls betrachten kann, bevölkert mit Massen an anderen Touristen in deren Reihen man sich eingliedern darf.
Trotzdem, die Niagara Falls sind gewaltig und sehr schön anzusehen. Wenn man die Promenade entlang geht, wechselt das Wasser die Farbe, je nachdem ob es eher ruhig oder aufgewühlt den Hang hinunter stürzt, und wenn die Sonne scheint, entstehen wunderschöne Regenbögen in der Gischt. Es gibt entlang der Promenade auch eine Vielzahl von Foto-Spots immer mit einem anderen Teil der Wasserfälle im Hintergrund. Kurioserweise war jeder einzelne davon immer zunächst von einer vermutlich indischen Großfamilie in meist prächtigen Kleidern besetzt. Fast schon eine Sehenswürdigkeit für sich.



Chatham
Weil unser nächstes Ziel ein Dinner mit Freunden von Simons Eltern in Ann Arbor (USA) war, und wir gerade noch krank gewesen waren, wollten wir natürlich auf Nummer sicher gehen. Schon vor dem Ausflug zu den Niagara Falls hatten wir versucht an Covid19-Schnelltest zu kommen. In der Apotheke, wo wir die Dinger intuitiv erwartet hatten, und auch im Supermarkt waren aber keine zu bekommen. Schließlich bekamen wir den Rat aus den USA, es mal in einem Drug Store zu versuchen. Auf Nachfrage bekamen wir dort direkt ein 5er-Pack Testkits ausgehändigt und das auch noch kostenlos. Anscheinend werden die in Kanada immer noch pro Haushalt verteilt. Im Endeffekt waren wir also bereits auf dem Weg durch das südliche Ontario nach Ann Arbor, als wir beide schließlich vorsorglich einen Selbsttest machen konnten - und beide waren so eindeutig positiv, wie ein Test nur sein kann. Zu unserer Verteidigung muss man hier sagen, dass uns das Ergebnis völlig überrascht hat. Natürlich, wir hätten es besser wissen müssen, aber wir sind beide dreimal geimpft (mit anerkannten mRNA-Impfstoffen) und gerade ich hatte nicht erwartet, auf diese Weise an Corona zu erkranken. Ich hatte nicht mal eine Spur von Husten, dafür ziemlich hohes Fieber und auch wenn es nicht lange angehalten hat, hatte ich einfach nicht erwartet, dass mich Corona so heftig erwischen könnte.
Auf jeden Fall standen wir jetzt da, zwischenzeitlich fast symptomfrei, aber eindeutig Corona-positiv und wussten nicht so richtig was tun. Schließlich haben wir uns am gleichen Tag für die nächsten Tage über Airbnb eine Unterkunft gesucht, bei der wir ein kleines Apartment ganz für uns allein haben würden und dementsprechend niemandem begegnen. Fast wären wir in London gelandet (ja, die Ortschaften in der Gegend heißen irgendwie alle wie die entsprechenden Orte in England. Im Ernst, es fließt sogar die Themse durch "London"), aber es stellte sich heraus, dass die Vermieterin in den Urlaub gefahren war und den Schlüssel mitgenommen hatte. Und so landeten wie schließlich in einem Haus mit drei kleinen Apartments in dem Dorf Chatham. Sicherlich die teuerste Unterkunft unserer ganzen Reise, aber wir hatten keine große Wahl. Wir verbarrikadierten uns also in dieser Wohnung und warteten geduldig darauf, dass der Test wieder negativ ausfallen würde.



Eine letzte interessante Sache: Die Qualität der Schnelltests, die wir hier bekommen haben, erschien uns sofort um einiges höher, als die der Made-in-China-Test, die wir von Zuhause gewöhnt waren. Klar, dachten wir, das ist die hochwertige kanadische Produktion. Wir schauten also auf die Verpackung und lasen: Made in Germany. Vermutlich ein Phänomen der Globalisierung, dass wir bis nach Kanada reisen mussten, um ein Test-Kit zu bekommen, das in Deutschland hergestellt wurde.