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Ankunft in Kanada

Dieser Eintrag dient als Statusupdate: Wir sind am Donnerstagabend in Montréal angekommen und werden nun die nächsten zwei Wochen auf einer Farm in der Nähe von Granby (Quebec) wwoofen. WWOOF steht für World-Wide Opportunities on Organic Farms, als Wwoofer arbeitet man 5 bis 6 Stunden am Tag für den Wwoofing Host und bekommt dafür kostenlose Kost und Logies. Es gibt auch noch ein, zwei Dinge aus Guadeloupe zu erzählen - diese Geschichten folgen dann eben in nicht chronologischer Reihenfolge.

Der Abflug nach Kanada ging ohne größere Probleme von statten. Air Canada riet uns, ca. 4 Stunden vorher am Flughafen zu sein, was natürlich übertrieben war, aber das Flughafen Gebäude ist zumindest klimatisiert und bietet WLAN. Wir fanden uns also bereitwillig zu früh ein und machten es uns im Wartebereich bequem. Eine halbe Stunde vor dem Boarding kam dann eine Durchsage auf französisch, von der wir ungefähr so viel verstanden: "*französisch*... Julia Mildner... *französisch*... Simon Zimmermann... *französisch*... *französisch*... Gate 9... *französisch*." Wir begaben uns also zu Gate 9 und erklärten, dass man anscheinend etwas von uns wolle, wir aber keine Ahnung hätten was. Die Leute an Gate 9 hatten zunächst auch keine Ahnung und ein wenig Probleme damit unser Englisch zu verstehen, aber schließlich stellte sich heraus, dass man nur feststellen wollte, ob wir da waren. Anscheinend waren wir die einzigen beiden Passagiere, die kein Gepäck aufgegeben hatten und da wir außerdem online eingecheckt hatten, hatten wir uns praktisch unsichtbar gemacht.

Etwa drei Stunden vor Abflug hatte Simon noch eine Status E-Mail erhalten mit dem Inhalt, dass unser Flug eventuell von "Thunderstorms" beeinflusst sein könnte, ob wir nochmal umbuchen wollen würden? Bis kurz vor Montréal verlief der Flug aber gänzlich ruhig, dann begann unser Pilot eine seltsame Kurve um Montréal herum zu fliegen. Eine Durschsage teilte uns mit, dass das Wetter in den unteren Luftschichten ungünstig sei, die Landung etwas holprig werden könnte und wo, im Falle eines Falles, nochmal überall die Notausgänge lägen. Zur Landung kam es aber erst einmal nicht, das Flugzeug drehte erneut ab, flog eine weitere Kurve und dann eine Schleife und wir befanden uns immer noch auf knapp 5000 m Höhe.

Schließlich informierte uns der Pilot persönlich darüber, dass er wegen des schlechten Wetters auf eine Landeerlaubnis warten müsse uns solange dieses fröhliche Spiel über den Wolken fortsetzen werde. Nach etwa einer Stunde konnten wir dann doch glücklich landen, blieben auf dem Flugplatz stehen und der Pilot meldete sich erneut. Leider sei nun kein Gate frei und wir müssten nochmal mit mindestens 30 Minuten Wartezeit rechnen, aber: "The good news: We are in Montréal!" Es klang, als hätte er nicht mehr damit gerechnet.

Schließlich konnten wir das Flugzeug verlassen, und fanden uns gemeinsam mit den restlichen Passagieren vor verschlossenen Sicherheitstüren wieder. Als die Menschen in der vordersten Reihe probehalber versuchten, die Türen zu öffnen, ging ein Alarm los und wir warteten alle geduldig, dass jemand darauf reagieren und uns befreien würde. Niemand kam. Schließlich wurde es den Leuten zu blöd und begleitet von der ohrenbetäubend heulenden Alarmsirene betraten wir den Montréaler Flughafen. Wir mussten uns noch anmelden, den Zoll passieren und uns unser Working Visa austellen lassen. Im Vergleich funktionierte das alles unverhofft zügig. Wir gerieten an einen gut gelaunten Immigration Officer, der sich ein wenig mit uns unterhielt. Wo wollen wir wwoofen? In der Nähe von Granby? Wirklich? Und wir sprechen kein Französisch? Na dann viel Spaß, er war zwar noch nie in Granby, aber soweit er gehört hat sei es "super french!".

Wir drehten auf dem Absatz um und flogen wieder zurück - nein natürlich nicht. 20 Minuten später sammelte uns unser Wwoofing-Host ein und wir fuhren zunächst einmal ein paar Lebensmittel klauen. Anscheinend betreibt er regelmäßig dumpster diving, wenn er nach Montréal fährt und zwar in den Containern eines großen Biolebensmittelhändlers. Beladen mit Salat, Tomaten, Karotten und sogar Erdbeeren in ausgezeichnetem Zustand erreichten wir gegen Mitternacht schließlich das Haus.

Das Haus ist eigentlich ein Hostel in spe mit einem riesigen anliegenden Garten. Unser Host uns seine Exfrau, die auch gemeinsam einen Cookie & Cupcake Shop in Montréal betreiben, planen die Herberge demnächst zu eröffnen und dann gemeinsam zu führen. Davor muss allerdings noch viel an dem Garten und der anliegenden Terrasse getan werden und dafür kann man eben die Wwoofer gebrauchen. Das Haus ist wahnsinnig schön, groß und hell. Wir haben ein riesiges Zimmer mit eigenem Bad und dürfen den Wohnraum und die Küche nutzen. Im Garten gibt es verschiedene Beete mit Kräutern, Gemüse und Obstbäumen, ein Gewächshaus, einen Hühnerstall und eine Yogaplattform auf der Südseite des Hauses.

Außer uns ist eine Wwooferin aus Mexiko im Haus, die schon einige Zeit in Frankreich und Kanada gewwooft hat, ein gutes Französich spricht und den Traum hegt, irgendwann einmal in Kanada ihren eigenen Garten zu besitzen und mit ihrem eigenen Gemüse zu kochen. Außerdem sind gestern Mittag die Exfrau und ihre Tochter, wiederrum mit ihren zwei kleinen Söhnen angekommen und haben mehr oder weniger die Regie im Haus übernommen. Alle (die zwei kleinen Jungs ausgenommen) sprechen sehr gut englisch und sind überaus herzlich und großzügig. Außerdem gibt es drei große und wunderschöne Hühner: The Boss, Chocolat und Caramel. Boss ist schwarz und die beiden anderen sind entprechend ihres Namens gefärbt. Und schließlich ist da noch Charlie (französisch ausgesprochen) eine junge, enthusiastische und freundliche Katze, die einen leider viel zu selten mir ihrer Anwesenheit beschenkt.

Die Interaktion mit allen Bewohnern und die Arbeit im Garten nimmte recht viel Zeit in Anspruch, weshalb eventuell zwei anstrengende Wochen vor uns liegen. Aber der Aufenthalt hier verspricht zu einer interessanten Erfahrung zu werden.