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Nachtrag: Pointe-à-Pitre

Guadeloupe Nachtrag 2/3 oder unsere Zeit auf einer alten Schaluppe

Die letzten zwei Tage auf Guadeloupe hatten wir uns eine Unterkunft in der Nähe der Hauptstadt Pointe-à-Pitre und damit in der Nähe zum Flughafen herausgesucht. Die Suche bestand darin auf booking.com nach dem Preis zu sortieren und dann das erste und damit günstigste Ergebnis zu nehmen: Ein kleines altes Segelboot mit Schlafbereich und Chemietoilette. Das Boot lag im Hafenbereich der Stadt in einer Art Campingplatz, nur dass anstatt der Wohnwagen lange Reihen von mehr oder weniger beeindruckenden Motor- oder Segelyachten im Wasser dümpelten. Unsere Vermieterin führte uns die schmalen Stege entlang, blieb zielsicher vor dem heruntergekommensten Exemplar der Reihe stehen und übergab uns strahlend den Schlüssel zu einem Vorhängeschloss. Der Innenbereich war wirklich klein, vielleicht drei Meter lang mit einem dreieckigen Bett im Bug und knappe anderthalb Meter breit. Es stank nach Rauch und die Stauräume an den Seiten waren mit allerelei mehr oder weniger seltsamen Zeug voll gestopft. Es war ein Erlebnis.

Pointe-à-Pitre selbst war ebenfalls eine interessante Erfahrung, wirkte aber irgendwie widersprüchlich auf uns. Mit etwas mehr als 15000 Einwohnern ist es die größte Stadt auf Guadeloupe und, obwohl alles andere als spektakulär, gibt es einige schöne Ecken. Neben dem Hafenbereich haben wir das Memorial ACTe, ein sehr modernes Museum über die Geschichte der Sklaverei auf Guadeloupe, einen großen Platz im Stadtzentrum und eine etwas heruntergekommene große Kirche entdeckt. Es gibt alles, was Mitlglieder einer Wohlstandsgesellschaft brauchen könnten: Geschäfte zum Einkaufen, schicke Restaurants, Supermärkte, Unterhaltungsangebote von Wassersport bis hin zu Lasertag. Das Widersprüchliche bestand darin, dass ein großer Teil der Bewohner eben nicht im Wohlstand zu leben scheint. Neben normalen, teilweise recht verwittert wirkenden Häusern, gab es ganze Straßenzüge mit bewohnten Häuserruinen, zusammengeschusterten Unterkünften, sehr viel Schrott und alles über und über mit Graffiti "verziert". Teile von Pointe-à-Pitre sind ein Slum. Teilweise wirkt etwas aber auch nur völlig heruntergekommen, verbirgt aber in seinem Inneren zum Beispiel ein sauberes und nicht gerade günstiges Restaurant. Das ist das Phänomen, Guadloupe ist kein günstiger Ort zum Leben. Selbst, wenn die Bewohner der Slums nicht gerade regeläßig den Champagner auf den Werbeplakaten trinken oder in ihrer Freizeit Lasertag spielen gehen, wie kommen sie über die Runden bei Lebensmittelpreisen, die auf eine Wohlstandsgesellschaft ausgelegt sind? Dieser Gegensatz zwischen der anscheinenden oder tatsächlichen Armut und dem alltäglichen Luxus eines EU-Landes, hat für uns die Atmosphäre doch stark geprägt.

Neben unserer Entdeckungstour in die Stadt und einem Ausflug in die (natürlich französischsprachige) Postfiliale, um ein Päckchen nach Deutschland aufzugeben, unternahmen wir auch noch einen letzten Gang zum Strand. Der Strand von Gosier hat, wie so viele auf Guadeloupe, das typische Paradiesfeeling mit türkisblauem Meer und hellem Sand, vor allem aber kann man in einigen hundert Meter Entferung die Insel von Gosier sehen, die theoretisch sowohl schwimmend, als auch mit dem Kanu zu erreichen ist. Nach längerem Überlegen entschieden wir uns für das Kanu und paddelten die zum Glück nur kurze Strecke gegen den Wind. Wobei in Wahrheit nur Simon paddelte, da sich mein linkes Handgelenk noch nicht von der letzten Kanufahrt erholt hatte und energischen Widerspruch einlegte.

Die kleine Insel von Gosier hat einen kleinen Leuchtturm, ein kleines Restaurant und einen kleinen Steg, von dem links und rechts kleine Sandstrände liegen. Und sie ist von fantastischer Schönheit. Zu unserer großen Freude fanden wir am Strand rot gesprenkelte und schneeweiße Korallenbruchstücke, aus denen Balduin II sich seine eigene Kunstaustellung zusammen stellte. Leider stellten wir nach kurzer Zeit im flachen Wasser fest, dass wir zwei Hummern im Kochtopf immer ähnlicher wurden und sahen uns gezwungen, unsere restliche Zeit im schattigen Inselinneren zu verbringen. Wir teilten uns diesen Aufenhaltsort mit anderen Touristen, jeder Menge komischer Vögel und großen, sehr gelassenen Leguanen, die nach dem Strand das beliebteste Fotomotiv darstellten.

Als wir unseren Aufbruch nicht länger hinausschieben konnten, ohne die Leihfrist des Kanus zu überschreiten, machten wir uns auf den Rückweg nach Gosier. Kurz vor dem Strand wurden wir kurzerhand von zwei übermütigen kleinen Jungs geentert, die sich erst unbedingt von unserem Kanu überfahren lassen wollten und dann hinein kletterten, nur um sich dramatisch wieder zurück ins Wasser fallen zu lassen. Simon machte den Spaß bereitwillig mit, die Eltern, die in der Nähe im Wasser standen, und ich waren weniger amüsiert. Schließlich kam die Kanuverleih-Betreiberin am Strand vorbei und erlöste uns damit von den kleinen Piraten. Im Büro des Verleihs gab es sogar noch einen Becher Saft mit und ohne Rum, dann machten Simon und ich uns auf den Rückweg, wobei wir die Sonne mieden, wie zwei zu früh aufgestandene Vampire.